70 Jahre Kanusport Gernsheim im TSV
Am 10. Juli 1948 schlossen sich die Gernsheimer Wassersportler als selbstverwaltete Abteilung dem TSV 1896 Gernsheim e.V. an und bildeten damit die Wassersportabteilung im TSV (heute „Kanusport Gernsheim”). Das Ziel waren gemeinsame Bootsfahrten in der näheren und weiteren Umgebung. Unter Führung des ersten Abteilungsleiters, Herrn Walter Schneider, wurde eine ehemalige Lagerhalle, die von Herrn Dofflein gemietet worden war, zur Bootshalle umfunktioniert.
Ab 1955 wurde aktiver Rennsport betrieben. Die Leitung des Trainings übernahm Herr Wolfgang Bogorinski, ein bekannter Rennfahrer und ehemaliger Landesmeister. Es wurden nach und nach 5 Rennboote angeschafft.
Die Wassersportabteilung des TSV vergrößerte sich zusehends. Im Jahre 1956 hatte die Abteilung 45 Mitglieder und in der Bootshalle lagerten rund 50 Boote. Es wurde ein Aufenthalts- und Umkleideraum ausgebaut.
1956 nahm die Renngemeinschaft mit Erfolg erstmals an einer größeren Regatta in Erfelden teil. Im Juniorenzweier belegte die Mannschaft Eisenhut-Schmidt unter 24 Booten einen achtbaren 3. Platz. Später wurde Eduard Eisenhut sogar „Südwestdeutscher Meister“. Die Wassersportabteilung war zu dieser Zeit über etliche Jahre Ausrichter gut besuchter Regatten im Gernsheimer Hafen.
Eine einschneidende Maßnahme für den Fortbestand der Wassersportabteilung, war 1962/63 die Kündigung der gemieteten Bootshalle durch den neuen Besitzer, das WSA – Worms. Vorübergehend blieb nur eine kleine Gruppe an Paddlern übrig, die auch ohne Bootshalle, die herrlichen Flüsse im In- und Ausland befuhr; gleichzeitig sann man auf Abhilfe.
1965/66 wurde der Wassersportabteilung, nach vielen Schwierigkeiten und etlichen misslungenen Versuchen ermöglicht, neue Fundamente für eine neue Bootshalle auf städtischem Gelände auszuheben. Dazu fanden sich die meisten der ehemaligen Paddler wieder ein. In rund 1500 freiwilligen unentgeltlichen Arbeitsstunden der Mitglieder entstand mitten im Grünen am Winkelbachdamm (Im Wertchen) aus einer von der Fa. Elwerath gekauften, ehemaligen Werkstatthalle eine neue Bleibe für Paddler und ihre Boote. Die namhaften Zuschüsse des Muttervereins
TSV Gernsheim, der Stadt Gernsheim und des Landkreises Groß-Gerau seien hier nochmals besonders dankend erwähnt.
Im Frühjahr 1966 wurde die Bootshalle eingeweiht. Mit der Abteilung ging es wieder rasch aufwärts und trotz des aufkommenden Trends zur motorisierten Fortbewegung (auch auf dem Wasser) wurden wieder sportliche Wanderfahrten organisiert und durchgeführt. Die Abteilung konnte wieder an die Anschaffung vereinseigener Boote denken. 1968 wurde ein 7er Jugend-Canadier, 1969 zwei Wildwasser- Einer, 1971 weitere zwei Wildwasser-Einer, und 1980 ein Zweier-Canadier angeschafft. Im Sommer 1971 hatte die Wassersport-Abteilung 37 Mitglieder bei 40 im Bootshaus untergebrachten privaten und vereinseigenen Booten.
1974 wurde mit umfangreichen Renovierungsarbeiten auf dem gepachteten Gelände begonnen; Einfahrt und Vorplatz wurden betoniert, um die saubere Begehung zu gewährleisten. Ein Aufenthaltsraum wurde eingerichtet und die Zeit der Beleuchtung mit Kerzenlicht fand mit der Anschaffung eines Stromerzeugers ihr Ende.
Mehrfaches Hochwasser erforderte eine Verstärkung des Damms. Die Maßnahmen der Stadt Gernsheim zum Schutz vor dem Hochwasser hatten eine Verkleinerung des Geländes zur Folge. Die bestehende Umzäunung musste zurückgesetzt und erneuert werden, was dankenswerter Weise von der Stadt Gernsheim finanziert wurde.
In den folgenden Jahren entwickelte sich das Bootshaus mehr und mehr zu einem Mittelpunkt des Vereinslebens der Wassersport-Abteilung.
1985 hatte die Wassersport-Abteilung 25 Mitglieder bei 30 im Bootshaus untergebrachten privaten und vereinseigenen Booten. Die Entwicklung des Vereinslebens fand durch den Bootshausabbrand am 5. Dezember 1989 zunächst ein jähes Ende. Das Bootshaus, 20 Boote und die gesamte Ausrüstung wurden total vernichtet. Das Bootshaus brannte bis auf die Grundmauern nieder. Die Existenz der gesamten Abteilung stand auf dem Spiel. Aber die Mitglieder ließen sich nicht unterkriegen und man war sich einig, gemeinsam diese Notsituation anzugehen.
Zunächst mussten auf dem Gelände in mühsamer Arbeit die Trümmer beseitigt werden. Glücklicherweise wurde der Abteilung vorübergehend ein Bauwagen zur Verfügung gestellt, der durch den selbstlosen Arbeits- und Materialeinsatz der Mitglieder renoviert und für die Lagerung von max. 8 Einer-Booten hergerichtet werden konnte. Die Grundlage für eine Wiederaufnahme des Sportbetriebes war damit geschaffen. Die Lagerkapazität war jedoch zu gering und längere Boote, wie Zweier, Eskimokajaks o.ä., konnten nicht gelagert werden Übereinstimmend wurden von den Mitgliedern daher die folgenden Ziele in den Blick gefasst:
- Das wichtigste Ziel der Wassersportabteilung war es, wieder eine zuverlässige Lagerungsmöglichkeit für Boote auf dem Gelände zu schaffen.
- Darüber hinaus sollte ein attraktives Sport- und Fahrtenprogramm angebotenwerden, um die Attraktivität des Kanusportes aufrechtzuerhalten.
- Zukünftig sollten verstärkt Jugendliche und Familien (z.B. durch Beschaffungeines geeigneten Familiencanadiers) angesprochen werden.
- Gernsheim sollte mit seiner attraktiven Lage am Rhein auf jeden Fall als Stützpunkt für den Kanusport erhalten bleiben.
Basierend auf diesen Zielen wurde 1991 bei der Mitgliederversammlung des Gesamt-TSV der Wiederaufbau einer neuen Bootshalle beschlossen.
Unter Vorbehalt der Baugenehmigung wurde eine Fertighalle gekauft. Leider zog sich die baurechtliche Genehmigung des Kreisbauamtes Groß-Gerau zur Aufstellung der Halle aus verschiedensten Gründen äußerst lange hin. 1993 war es endlich soweit. Nach vielen Bemühungen, bescheidenen Zwischenlösungen, immensen Vorbereitungsarbeiten, großem Engagement und langen Jahren des Wartens kam die Genehmigung. Ein neues Fundament wurde gegossen und die neue Fertighalle wurde aufgebaut.
Das Weihnachtshochwasser 1993 verdeutlichte wie wichtig ein Ausbau der Halle mit einem hochgelegten Stockwerk ist. Es drohte eine Überflutung des Geländes und so mussten unmittelbar vor Weihnachten die meisten Dinge aus dem Bootshaus und dem Materialcontainer evakuiert werden. Dies war sehr mühsam und zeitaufwendig. Hinzu kam noch das logistische Problem, wohin mit dem Material.
Der Bau eines hochgelegenen Stockwerkes wurde zum nächsten Schwerpunkt des Hallenbaus. Das jetzige Bootshaus konnte nach dem langwierigen Genehmigungsverfahren und mit viel Arbeit und Engagement 1994 in Betrieb genommen werden. Viele haben bei der Errichtung des neuen Bootshauses mitgeholfen! Besonderer Dank gilt dem Land Hessen, dem Kreis Groß-Gerau und der großzügigen Unterstützung der Stadt Gernsheim und dem Gesamt-TSV Gernsheim. Vor allem haben aber die Mitglieder der Wassersportabteilung durch ihr unglaublich großes Engagement den Bau des neuen Bootshauses ermöglicht. Die Einweihungsfeier des Bootshauses am 16. April 1994 war ein absoluter Höhepunkt in unserem Vereinsleben.
Wir haben uns sehr gefreut, dass sehr viele Vertreter aus den politischen, kommunalen und sportlichen Gremien und Vereinen zugegen waren. Wir konnten auch deutlich machen, dass wir für viele Menschen in unserer Region eine Möglichkeit bieten, einerseits Freizeitsport in jeder Altersklasse zu betreiben, andererseits die Natur intensiver erleben zu können, besonders die Schönheit des Rheins rund um Gernsheim.
Mit der Einweihungsfeier war das Bootshaus noch nicht komplett hergerichtet. Die neuen Bootsträger wurden in Eigenleistung entwickelt, geschweißt und lackiert.
Die Stromversorgung wurde zunächst mit Solarenergie und Stromgenerator abgedeckt. Es wurde fortlaufend am Innenausbau weitergearbeitet. Die Bootslagerung wurde umgestaltet, damit mehr Boote eingelagert werden können. Es wurden Masten für den Strombetrieb gesetzt, die das Gelände an die öffentliche Stromversorgung anbinden und eine verlässliche Stromversorgung bieten. Mit sehr großem Engagement wurde der Gesellschaftsraum hergerichtet, der jetzt ein schönes Vereinsleben ermöglicht. Darüber hinaus wurde das Bootshausgelände verschönert. Seit 1998 verfügen wir über eine eigene befestigte Einstiegsstelle am Rhein. Der extrem niedrige Wasserstand im Sommer 2009 wurde zum Anlass genommen, die Einstiegsstelle weiter auszubauen und zu verlängern. Dies erleichtert den Sportbetrieb bei niedrigem Wasserstand erheblich. Die Einfahrt, die Tore und der Zaun waren mittlerweile in die Jahre gekommen und wurden dieses Jahr
erneuert.
Das Bootshaus bietet zurzeit Platz für ca. 100 Kajaks und Canadier sowie entsprechendes Zubehör. Nebenbei verfügt das Bootshaus über zwei Umkleideräume und einen Clubraum. Zum Transport unserer Boote und des Groß-Kanadiers stehen uns 3 Anhänger zu Verfügung – viele Kanu-Touren können wir deshalb auch im größeren Rahmen durchführen.
Wir sind stolz, auf eine erfolgreiche 70-jährige Vereinsgeschichte zurückschauen zu können. Beim Rückblick zeigt sich, dass aus den Anfängen des Wassersportvereins, der anfangs sehr breit auf wassersportliche Betätigung ausgelegt war, eine eindeutig kanusportliche Zielrichtung entstanden ist. Unser Dachverband ist der Deutsche Kanu-Verband. Dies ist die Zielrichtung unseres Vereines. Konsequenterweise haben wir deshalb im Jahr 1998 bei der Generalversammlung unserer Abteilung unseren Namen von Wassersportabteilung in Kanusport Gernsheim
umbenannt. An dem Status der Abteilung und der Zugehörigkeit zum TSV 1896 Gernsheim änderte dies nichts.
Im Lauf der Jahre gab es im Verein immer wieder Höhen und Tiefen. Es gab richtig gute Zeiten mit einer außerordentlich guten und blühenden Jugendarbeit, traumhaften Wandertouren und herrlichen Vereinsfesten. Auch schwierige und problematische Phasen mussten wir durchstehen. Immer wieder haben engagierte Mitglieder die Ärmel hochgekrempelt und die Zukunft für unseren Verein ermöglicht.
Die Vorsitzenden der Wassersportabteilung waren nach Herrn Walter Schneider die Herren Josef Merten, Ernst Scholz, Wolfgang Bogorinski, Eduard Eisenhut, Helmut Rothenstein, H. Jürgen Quoos, Hans Bicht, Paolo Bonisoli, Gerhard Trunk, Christoph Kuhn, Hans Bicht, Peter Kissel und Andreas Fritze , der die Abteilung heute leitet.
Wir haben mit dem Bootshaus eine wunderbare Grundlage für einen guten Sportbetrieb und ein schönes Vereinsleben, und wir ermöglichen den Menschen in unserer Gegend ein intensives, paddelndes Kennenlernen der schönen Rheinlandschaft rund um Gernsheim. Für uns ist wichtig, dieses zu erhalten und zu pflegen.
Ein ganz besonders gutes Angebot unseres Vereines besteht in der Bereitstellung von hervorragendem Bootsmaterial (Kajaks und Canadier) und entsprechendes Zubehör für die Mitglieder. So können alle Interessierten, – auch ohne große Investitionen-, die Schönheit des Paddelns erleben. Unsere Kanuanhänger und der Mannschaftscanadier ermöglichen vielfältige Aktivitäten.
Ein Indiz für die fruchtbare und konstruktive Arbeit der Kanusportabteilung kann neben den baulich und sportlich außerordentlich positiven Aktivitäten ein Blick auf die Mitgliederstatistik sein. Trotz der oben geschilderten Herausforderungen und Probleme in den letzten Jahren stieg die Mitgliederzahl der Kanusportabteilung von 29 im Jahre 1988 auf 107 im Juni 2018.
Ferienspiele der Stadt Gernsheim, 2010 |
Immer mittwochs um 18 Uhr findet unser Training statt. Treffpunkt: 18 Uhr, Bootshaus. Darüber hinaus gibt es samstags öfter kanusportliche Angebote. Montags um 10 Uhr ist Rentner-Paddeln. Verschiedene Ausfahrten und Touren werden spontan geplant und im Bootshaus ausgehängt. Auch ein Schnupperkurs steht auf dem Programm. Als Zeichen unserer guten Zusammenarbeit beteiligen wir uns an den Ferienspielen der Stadt Gernsheim. Jedes Jahr gibt es ein eigenes Sportprogramm. |
Unser Hausgewässer ist der Rhein. Wir erleben ihn immer wieder interessant und mit vielfältigen Facetten. Darüber hinaus hat es uns aber immer wieder auch in die Ferne gezogen zu Gewässern, Flüssen, Strömen, Wildwassern und Meeren.
Von Gernsheimer Kanuten wurden in den vergangenen Jahrzehnten mit Kajaks und Canadiern sehr viele verschiedene Flüsse und Gewässer im Inland und im Ausland befahren. Es gab sogar interessante Touren in Übersee.
Wir engagieren uns weiter intensiv für eine gedeihliche Entwicklung unseres Vereines und für eine bleibende Zukunft des Kanusports in Gernsheim am Rhein.
AHOI
Christiane Wunderle & Gerhard Trunk